Fender CBS - die positiven Aspekte
Fender pre-CBS wird hoch gehandelt, einem Mythos gleich. Doch warum immer auf die angeblich schlechte Qualität der Fender CBS Jahre schimpfen? Es gibt so einige schöne und nützliche Weiterentwicklungen, von denen wir Musiker profitieren können! Seht mal hier:
Neue Halseigenschaften
Seit den 70er Jahren waren die Halsspannstäbe von der Kopfseite her einstellbar. Wie praktisch, denn nun brauchte man den Hals nicht mehr komplett abzunehmen, um an die Stellschraube zu gelangen.
Eine weitere Erfindung, die noch von Leo Fender selbst stammte, jedoch erst ab 1972 verwirklicht wurde, war die Dreipunkt-Verschraubung des Halses. Diese hat bis heute einen schlechten Ruf, da Fender CBS oft schlampig arbeitete und die Halstaschen nicht sauber genug ausfräste, was ein unangenehmes Spiel des Halses zur Folge hatte. Die Erfindung an sich war jedoch äußerst praktisch, da man nun per Micro-Tilt-Schraube den Halswinkel einstellen konnte, ohne den Hals abzunehmen zu müssen, um z.B. ein Stückchen Furnier unterzulegen. (Diese Prozedur wird auch als „Shimming“ bezeichnet.) Bei den aktuellen 70er Reissues funktioniert die Dreipunkt-Verschraubung übrigens tadellos.
Seit 1966 brachte Fender Rosewood Griffbretter mit weissem Ivory-Binding auf den Markt, deren Markierungs-Einlagen nicht mehr punktförmig, sondern als sogenannte Block-Inlays ausgeführt waren. Die Jazzmasters, die Jaguars sowie einige Strats wurden mit dieser Art von Griffbrettern ausgestattet, was ihr Erscheinungsbild um einiges veränderte. Oder man denke an den Jazzbass von 1975 im Natural-Ash-Finish. Was wäre dieser Bass ohne seine prägnanten grossen Block-Einlagen?
Als Fender-CBS Ende der 60er die Ahorn-Griffbretter wieder einführte, waren es keine one-piece maple necks mehr wie in den 50er Jahren, sondern Ahornhälse mit aufgeleimten Ahorn-Griffbrettern, sogenannten maple-caps. Der Vorteil: Die Hälse wurden durch diese Konstruktion um einiges stabiler, und es gibt viele Musilker, die den maple-cap Instrumenten einen klareren Ton mit mehr Sustain bescheinigen. Ein weiteres Merkmal vieler CBS-Hälse ist das äußerst gut in der Hand liegende U-Profil, welches das C- bzw. D-Shaping der Jahre davor ablöste. Viele Spieler, die dickere Hälse bevorzugen, schätzen gerade diese kräftige runde Halsform, die äußerst gut zu umfassen ist - dabei bei weitem nicht so fett oder gar klobig wie so manche 50er Necks.
Neue Pickups
Ab 1965 veränderte Fender-CBS die Bauweise der Stratocaster-Tonabnehmer. Es handelt sich um die Pickups mit den legendären grauen Spulenkörpern (grey bobbins). Die bisherige Formvar-Ummantelung der Drähte wich der etwas dünneren Plain Enamel-Isolierung. Diese Art von Draht wurde ja bei Fender von Anfang an für die Telecaster-Pickups benutzt, jetzt gab er den Strats diese neue typische Färbung, eben diesen gewissen Schuß Tele-Charakteristik. Der Sound, den diese neuen Alnico 5 Pickups übertrugen, war nicht mehr ganz so kristallin-dünn wie davor, sondern eher handfester mit klaren transparenten Höhen und tiefen saftigen Bässen - dabei immer noch mit einem relativ schwachen Output. Der druckvollere Charakter eignete sich auch besonders gut für verzerrte Sounds. Z.B. die Stratocasters von Jimi Hendrix, Richie Blackmore (Deep Purple) oder David Gilmore (Pink Floyd) hatten diese Pickups, die bis heute sehr geschätzt werden.
Seit den 90er Jahren sind diese Tonabnehmer im Fender Custom-Shop unter der Bezeichnung „Custom 69“ erhältlich. Abigail Ybarra, die berühmte alte Lady, die schon seit den 50ern für Fender die dünnen Drähte auf Spulen wickelt, entwarf diesen Pickup, den sie heutzutage allerdings nur noch in geringer Stückzahl selbst von Hand wickelt, etwa für anspruchsvollere und teure Sondermodelle der Stratocaster. Wickelmethode und Magnetwahl jedoch geschieht bei allen „Custom 69“ nach ihren Vorgaben. Übrigens findet man auf der Rückseite jeder Spule der „Custom 69“ Abigails persönliche Initialien samt Herstellungsdatum.
Seit 1974 wechselte Fender die Drahtummantelung erneut und verwendete dafür nun Polysol. Und ab 1975 waren die Polepieces der Stratocaster-Pickups nicht mehr gestuft (staggered), sondern gleichmässig auf einer Höhe (Bezeichnung: „flat pole pieces“ oder „flush pole pieces“).
Der Fender Widerange-Humbucker
Entworfen vom Ex Gibson-Mitarbeiter Seth Lover, der Mitte der 50er Jahre das Humbucker-Prinzip verwirklichte, z.B. bei den sagenumwobenen PAF-Pickups. Beim Widerange-Humbucker findet man einige konstruktive Unterschiede zum Gibson Humbucker, die einen vergleichsweise helleren, klareren Klangcharakter hervorbringen:
1. der magnetische Kreis verläuft anders, denn statt der Eisenstifte und dem gemeinsamen Balkenmagneten unter der Spule verwendete Lover nun in jeder der 2 Spulen 6 Stabmagnete, von denen 3 durch ihr schraubenähnliches Gewinde individuell in der Höhe eingestellt werden konnten.
2. Das Magnetmaterial ist nicht mehr Alnico, sondern das sogenannte Cunife, eine spezielle Legierung aus Kupfer (Cu), Nickel (Ni) und Eisen (Fe).
In Teil 2 geht es um neue Gitarrenmodelle, insbesonders um die weiterentwickelte Telecaster.
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